Archiv für den Monat: August 2014

Trans* und Arbeit (Teil 1)

Seit einiger Zeit suche ich nach einer Arbeit um mir die Möglichkeit zu erhalten weiter zu studieren. Ich schaue nach unterschiedlichen Arbeitsstellen und habe auch einige Möglichkeiten aussortiert, bei denen ich dachte, dass ich da ganz und gar unglücklich werden würde oder mich die Arbeitsstelle aus Prinzip nicht nehmen würde. Ich entschied mich dafür Bewerbungen an mehrere Unternehmen zu schicken für Spül-Tätigkeiten, Recherche-Tätigkeiten und hab versucht vorallem im Bereich der persönlichen Assistenz Arbeit zu finden. Da ich Arbeit in der persönlichen Assistenz für sehr intensive und menschlich-nahe Arbeit halte, habe ich mich dafür entschieden offen bei den Vereinen und Unternehmen, bei denen ich anfragte, mit meiner Identität umzugehen, klar zu machen, wie ich angesprochen werden möchte und auch, dass ich mir sehr gut und gerne vorstellen kann persönliche Assistenz für queere Personen, Trans*-Personen und Personen mit Rassismuserfahrungen zu machen. Mir ist bewusst, dass in der Altenpflege im Bezug auf queere und Trans*-Personen das Problem existiert, dass ältere Personen sich in der Altenpflege den Pfleger_innen ausgeliefert fühlen und sich einige dafür entscheiden Homosexualität zu verheimlichen, oder dass sich Trans*-Personen dazu entscheiden „zurückzukehren“. Deshalb, so dachte ich mir, braucht es einfach auch queere Leute, die Altenpflege- oder, in meinem Fall, Assistenztätigkeit machen.

Bei einem der Vereine, bei denen ich dies angab, und bei welchem ich eigentlich erst ein gutes Gefühl hatte, stellte ich mich vor. Hier wurde mir gesagt, dass in der Nachbarstadt, aus der ich komme, sehr dringend Assistent(_inn)en gesucht werden würden. Nachdem ich mit der für die Stadt zuständigen Person telefonierte, die mir eigentlich recht offen erschien, stellte sich heraus, dass angeblich alle offenen Stellen durch die nach Assistenz suchenden Personen durch Cis-Personen besetzt werden sollten. Einmal passierte es sogar, dass ich von einer anderen Person, die in dem Verein arbeitete angerufen wurde, worauf ich mich dann vorstellte und die mir dann sagte, dass da wohl ein Missverständnis vorliegen würde, weil sie eine Cis-Frau erwartet hatte (sie sprach von biologischer Frau). Meine Wünsche und Bedürfnisse wurden also trotz Bitte nicht innerhalb des Vereins in meine „Akte“ aufgenommen, weil es von der dafür zuständigen Person wohl für nicht wichtig empfunden wurde.

So zeigte sich, dass, selbst wenn ich mich als männliche Person vorgestellt hätte, ich sehr leicht an einen Assistenz-Job hätte kommen können. Als Trans*-weibliche Person stellte sich das Arbeiten bei den wichtigsten Vereinen in meiner Gegend als nicht möglich heraus.

Passing und öffentlicher Raum

Mich umtreibt momentan folgender Gedanke: Ich denke, dass es mir, als ich mich nicht als Trans* definierte und in einer männlichen Rolle lebte, relativ gut ging. Ich war eigentlich relativ maximalprivigiert. Zwar komme ich nicht aus einem akademischen Haushalt, bin aber weiß und habe durch die finanziellen Mittel meiner Eltern die Möglichkeit erhalten zu studieren. Im öffentlichen Raum als Typ unterwegs zu sein, ohne viel Trans*-Issues zu haben, ist ganz angenehm, soweit ich mich zurück erinnere.

Nun ist das anders: Ich bin eine Trans*-Weiblichkeit, fühle mich unsicher und/oder unsichtbar im öffentlichen Raum. Wäre ich bei der Geburt weiblich kategorisiert worden, würde es mir vermutlich etwas anders, aber nicht so krass anders gehen, wie der gelebte Vergleich von Cis*-Männlichkeit und Trans*-Weiblichkeit. Cis*-Frauen, die auch ständig und überall sexualisiert und anders diskriminiert werden, haben -teilweise- ja -ähnliche- Issues, wie Trans*-Frauen.

Da ich weiß, wie relativ angenehm und stressfrei es ist als Typ zu leben, im öffentlichen Raum unterwegs zu sein und so weiter, habe ich das Gefühl, dass mein jetztiges Leben gar nicht zufriedenstellend für mich sein kann. Selbst, wenn ich ein großartiges Passing hätte und Menschen mich, soweit ich das immer wollen würde, als weiblich lesen würden; dann würde ich als weibliche Person sexualisiert/belästigt/behandelt werden. Ich habe also das Gefühl, dass nur das Leben als Mann* für mich angenehm und stressfrei wäre. Das steht nun leider nicht als Option im Raum und so bleibt gerade nur die etwas ängstliche Frage: Wird es wirklich besser werden? (In Anlehnung an die Kampagne für „queere“ Jugendliche „It gets better“ und im Bezug darauf, dass mein Ziel vielleicht nicht das ultimative „Frauen“-Passing ist)

09.08.2014